Natur und Kultur
…uns ist es aufgegeben, diese Wirklichkeitsbereichen sorgsam zu unterscheiden. Aber gerade auf der größten räumlichen Skala -der Erdkugel- werden die zu denkenden Differenzen zwischen den menschlichen- und nicht menschlichen Wesen fragwürdig (vgl.: Bruno Latour: Wir sind nie modern gewesen). Auf den Begriff bringt es die Kennzeichnung unseres Erdzeitalters als das sog. Anthropozän.
Ein winzig kleiner und exemplarischer Ausschnitt dieser schwierigen Thematik kommt uns mit der Landschaft im Hamburger Jenischpark immer wieder vor Augen: Was ist daran natürlich und was künstlich? Sollte die Landschaft doch nur die reine Natur sein!
Die alten, sehr stark ausgehöhlten Stieleichen beherbergen viele, vom Aussterben bedrohte und seltene Käferarten (globales Artensterben). Aufgrund von neuen Windrichtungen und ungewöhnlichen Hitzeperioden zerfallen die ca. 300 – 400 Jahre alten Bäume zusehends (Klimawandel).
Nur durch menschliche Eingriffe ist diese Landschaft ursprünglich mit der örtlichen Natur geschaffen worden: Der englische Landschaftspark ahmt eine sogenannte bäuerliche Hutelandschaft nach (vgl. Präsentation von Lutz Hoffmann zum Thema Käfer im Jenischpark)
Vor Kurzem haben wir bruchgefährdete Achsen von einigen Eichen stärker entlasten müssen. Ohne diese Kronenreduzierungen würde sich der Zerfall noch schneller ereignen. An den Schnittstellen, die erwartungsgemäß aufgrund ihrer Größe nicht verheilen können, wurde das Holz mit einer Axt bearbeitet, um sie wie natürliche Brüche aussehen zu lassen (vgl.Neville Faynatural-fraktur-cuts).
Solche Maßnahmen stoßen oftmals auf Unverständnis. Der Neuaustrieb an solchen unregelmäßig geformten Bruchstücken soll aber größer sein, zudem sind solche Strukturen ökologisch und auch gestalterisch wertvoller als gerade Schnittstellen (Baumkronenmikrohabitate).
Wie sehr hier die beiden sorgsam auseinanderzuhaltenden Register der Wirklichkeit Natur-Kultur zusammengefaltet sind…